Mineralisation und Humifizierung
Humus Teil II: Wann was passiert und warum man beides braucht
05.12.2023
Abgestorbene, organische Substanz wird durch Bodenlebewesen, das Edaphon, zersetzt und verwertet. Dies geschieht in mehreren Schritten, so dass die Ausscheidungen einer Spezies die Nahrung einer nächsten darstellen. Das Edaphon besteht zum einen aus Makrofauna, also größeren Lebewesen wie Maulwürfen, Regenwürmern, Asseln oder Käfern, zum anderen aus kleinsten Mikroorganismen und Pilzen. Das Edaphon sorgt nicht nur für eine Verkleinerung und Aufspaltung des organischen Materials, sondern auch für eine Durchmischung der Streuauflage mit dem Oberboden darunter.
Die organische Substanz kann mineralisiert oder humifiziert werden. Bei der Mineralisierung werden sämtliche Stoffe aus ihren organischen Verbindungen herausgebrochen und in anorganische Stoffe umgewandelt. Das Edaphon zerlegt quasi die organische Substanz in ihre Grundbestandteile und macht sie für Pflanzen kurzfristig verfügbar. Bei der Humifizierung hingegen werden Nährstoffe nicht oder nur bedingt freigesetzt, aber stattdessen eine krümelige Bodenstruktur geschaffen, die sehr positive Eigenschaften für die langfristige Fruchtbarkeit mit sich bringt. Der Prozess der Humifizierung verläuft langsam. Während also Mineralisierung Nähr- und Mineralstoffe unmittelbar verfügbar macht, kann Humifizierung diese aufgrund ihrer hohen Kationen-Austausch-Kapazität binden und vor dem Auswaschen durch Niederschläge schützen. Wenn eine Pflanze jedoch Nährstoffbedarf anmeldet, kann sie diese von den humifizierten Bodenkrümeln in Anspruch nehmen.
Wann wird mineralisiert und wann humifiziert?
Ob eine Mineralisierung oder Humifizierung stattfindet, hängt von der Zusammensetzung und Aktivität des Edaphons ab, welche wiederum maßgeblich durch die Umgebungsbedingungen verursacht wird. Für die meisten Organismen bedeuten optimale Bedingungen
- eine ausreichende Sauerstoffzufuhr (Belüftung der Bodenschicht)
- eine warme Temperatur
- einen neutralen pH-Wert
- eine ausreichende Nährstoffversorgung und
- eine spezielle Zusammensetzung der organischen Streuauflage (ein niedriges Verhältnis von Kohlenstoff zu Stickstoff, sog. C/N-Verhältnis, bedeutet eine gute Abbaubarkeit)
Befinden sich alle Faktoren in einem optimalen Bereich, ist das Edaphon reichhaltig, divers und aktiv und mineralisiert die organische Substanz relativ schnell. Dies zeigt sich auch in den Tropenwäldern des Amazonas: Die üppige Vegetation produziert viel Biomasse und damit auch abgestorbene Substanz, welche durch ein reichhaltiges und aktives Edaphon in relativ kurzer Zeit vollständig mineralisiert wird. Die so neu entstandenen Nährstoffe im Boden werden direkt von der Vegetation wieder benötigt und aufgenommen. So entsteht ein kontinuierlicher Kreislauf der Nährstoffe. Eine Humifizierung findet nicht oder kaum statt und es reichert sich damit auch kein Dauerhumus im Boden an. Der Boden unter den Tropenwäldern ist daher eher karg und nährstoffarm – eine Tatsache, die man bei der üppigen Vegetation nicht erwartet hätte.
In einem Hochmoor dagegen ist der Boden aufgrund von einem hohen Wasserstand nicht ausreichend belüftet, die Temperatur zu kalt, und der Nährstoffgehalt durch das Regenwasser gering – ungünstige Bedingungen für das Edaphon. So wird die organische Substanz sehr langsam humifiziert statt mineralisiert. Der Prozess ist zum jetzigen Zeitpunkt wissenschaftlich noch nicht vollständig entschlüsselt worden. Er dauert länger als der Aufbau organischer Substanz, so dass sich über Jahrtausende hinweg mächtige Torfhorizonte aufschichten. Bei der Humifizierung entstehen Säuren, die den pH-Wert stark senken, was die Umgebungsbedingungen für Flora und Fauna nochmals erschwert. Der entstehende Torf ist nicht nur sauer, sondern auch nährstoffarm. Erst durch eine Trockenlegung des Moors oder Abstechen des Torfes werden die Umgebungsbedingungen verbessert, die Mineralisierung damit angeregt und Nährstoffe freigesetzt – allerdings auch eine ganze Menge CO2. Der jetzt freigesetzte Kohlenstoff war Jahrtausende fest im Torf gebunden und gelangt durch Mineralisation nun in die Atmosphäre. Da gekaufte Substrate aus dem Handel meistens in großen Mengen Torf enthalten, sollte weitgehend auf sie verzichtet werden. „Öko-Substrate“ enthalten oft statt Torf Kokosfasern, welche um den halben Globus transportiert werden mussten. Nachhaltig ist das auch nicht. Stattdessen ist eine eigene Kreislaufwirtschaft mit Kompostieren der organischen Haus- und Gartenabfälle eine viel umweltfreundlichere und nachhaltigere Methode, um nährstoffhaltigen Kompostdünger zu produzieren.